

Es schreibt
für Sie:
Dr. rer. nat.
Constanze
Messal
Fachbereichs-
leiterin
Schimmelpilze
Neubrandenburger Str. 33
18055 Rostock
Telefon: (0381) 637-28280
Telefax: (0381) 637-28281
E-Mail:
messal@dhbv.deFachbereiche
Schimmelpilze
Pseudowüsten im Labor mikrokolonial wachsen
können, wobei auf unserer Seite nach wie vor
ungeklärt ist, wann und wie der Übergang vom
filamentösen zum mikrokolonialen Wachstum
stattfindet…
Während bei den mikrokolonial wachsenden
Pilzen die Synthese von Melanin als Anpassung
auf extrem schwankende Umweltbedingungen
angesehen wird, gibt es bei den schwarzen He-
fen Hinweise darauf, dass die Melanisierung
die Pathogenität der schwarzen Hefen wie Hor-
taea sp. oder Exophiala sp.
unterstützt und die Invasion
vereinfacht, während die Mi-
krokolonialen weitgehend als
apathogen gelten (6). Auch
sind die Zellwände der schwar-
zen Hefen einfacher gestaltet,
was aber durch die Produktion
von exogenen polymeren Sub-
stanzen (EPS) kompensiert wird
(7). Wie auch immer – sowohl
die MCF als auch die schwarzen
Hefen gelten als extrem anpas-
sungsfähige stresstolerante
Überlebenskünstler, die nicht nur Trockenheit,
UV-Strahlung und Frost überstehen, sondern auch
an deren ständige Wechsel angepasst sind. Da-
her ist es auch nicht verwunderlich, diese Sied-
lungsexperten auf einem WDVS zu finden, das
morgens absäuft und sich zu Mittag auf 80 °C
erhitzt (11).
Die Anpassung findet dabei habitatabhängig
statt. Auch im Extremen gibt es Schattierungen,
sodass die MCF und schwarzen Hefen in Gegenden
mit täglich wechselnden Luftfeuchten, Tempera-
turschwankungen und hoher Strahlungsintensität
eher durch die Produktion von Carotinoiden und
MAAs (Schutzpigmente), Zuckern und Lipiden auf
die Schwankungen reagieren, während in Zonen
mit Dauerfrost, z.B. in polaren Wüstengebieten
die Zellaktivität einfach ruht und dormante Zel-
len gebildet werden (4, 7).
„Relevance to Mars“
Wie nun die MCF in den Innenraum gelangen,
ist nach wie vor ein Rätsel. Ob sie den Actino-
myceten den Rang streitig machen wollen und
Altbefälle verwerten, ist ebenso unklar wie die
Frage, ob es sich nicht doch um Schimmelpilze
handelt, die bei Abtrocknung in das MCF-Sta-
dium wechseln. Bisher doku-
mentierte Schadensfälle traten
immer auf Oberflächen auf, die
mit diversen Biofilmen besie-
delt waren, welche entweder
behandelt oder abgetrocknet
sind. Tröstlich kann hier jedoch
die Feststellung sein, dass die
MCF als apathogen gelten und
derart mit Feuchte- und Strah-
lenschutz beschäftig sind, dass
vermutlich keine Zeit und auch
keine Ressourcen für die Bil-
dung von Toxinen oder Aller-
genen zur Verfügung stehen. Wer so isoliert ex-
treme Standorte bevölkert, muss sich auch nicht
wirklich vor Fraßfeinden fürchten, sodass derartige
Szenarien derzeit nicht im (Innen-) Raum stehen.
Ein ebenso rätselhaftes Bild werfen Untersu-
chungen von Perry (3) und Zakharova (9) auf. Als
Forscher fragt man sich ja immer, was die klei-
nen Biester sonst noch so alles können. Während
Perry (3) an Aufnahmen der Marssonden Path-
finder und Viking festmacht, dass dort ebenfalls
MCF-ähnliche, biogene Gesteinskrusten existieren
könnten, haben die Forscher um Zakharova und
Sterflinger (9) die MCF in einen Marssimulator
gesteckt und dort unter marsähnlichen Bedin-
gungen ausharren lassen. Nach 7 Tagen hatten
sich die Pilze an die Marsbedingen angepasst und
zeigten sogar Anzeichen metabolischer Aktivität.
Damit wäre wohl auch geklärt, dass Marsbewoh-
ner nicht zwangsläufig grün sein müssen. Und
– vielleicht sind sie längst unter uns.
Literatur:
1 Palmer FE, Emery DR, Stemmler j and Staley JT:
Survival and growth of microcolonial rock fungi as
affected by temperature and humidity, New Phytol.
(1987), 107, 155–162.
2 Palmer FE, Staley JT and Ryan DB: Ecophysiology of
microcolonial fungi and lichens on rocks in northeas-
tern Oregon, New Phytol. (1990), 116, 613–620.
3 Perry RS, Gorbushina AA, Engel MH, Kolb VM, Krum-
bein WE, Staley JT: Accumulation and deposition of
inorganic and organic compounds by microcolonial
fungi. Proceedings 3rd European Workshop on As-
tro/Exobiology, Mars, the Search for Life, (2004)
ESA Publications SP 454, 259–260.
4 Gorbushina AA, Kotlova ER and Sherstneva OA: Cel-
lular responses of microcolonial rock fungi to long-
term desiccation and subsequent rehydration; Stu-
dies inMycology, 2008, 61: 91–97.
5 Perry RS and Sephton MA: Solving the mystery of
desert varnish with microscopy, Infocus Magazine
(11) 2008, 62–75.
6 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-
sicherheit: Stellungnahme der ZKBS zur Risikobewer-
tung von Sarcinomyces petricola als Spender- oder
Empfängerorganismus bei gentechnischen Arbeiten
gemäß §5 Absatz 1 GenTSV (2011).
7 Sterflinger K, Tesei D, Zakharova K.: Fungi in hot
and cold deserts with particular reference to micro-
colonial fungi, Fungal Ecology 5 (2012), 453–462.
8 Zakharova K, Tesei D, Marzban G, Dijksterhuis J, Wy-
att T, Sterflinger K: Microcolonial Fungi on Rocks: A
Life in Constant Drought? Mycopathologia, (2013)
537–547.
9 Zakharova K: Survival strategies of rock inhabiting
fungi in extreme environments, (2014) Dissertation
Universität für Bodenkunde Wien.
10 Messal C: Auf feindlichem Gebiet siedeln: Mikroko-
loniale Pilze an Fassaden und in Innenräumen; B+B
Bauen im Bestand 3.2015, 72–76.
11 Messal C: Wenn das WDVS Besuch vom Mars bekommt,
Der Maler und Lackierermeister 8/2015, S. 24–26.
Schützen & Erhalten · Dezember 2015 · Seite 21