Schützen & Erhalten - page 26

FORUM
EU-Dienstleistungs-
richtlinie
Die Wirtschaftsminister der 25
EU-Mitgliedstaaten haben auf dem
Wettbewerbsfähigkeitsrat am 29.
Mai 2006 in Brüssel eine politi-
sche Einigung hinsichtlich der
Dienstleistungsrichtlinie erzielt. Der
von der österreichischen Ratsprä-
sidentschaft vorgelegte Kompro-
missvorschlag, der sich nur mar-
ginal vom überarbeiteten Vorschlag
der Kommission vom 4. April 2006
unterscheidet, wurde ohne Gegen-
stimmen angenommen, lediglich Li-
tauen enthielt sich der Stimme.
Aus Sicht der Bauwirtschaft
zeichnen sich folgende wesentli-
che Ergebnisse ab:
1. Streichung des Herkunfts-
landprinzips
Das Herkunftslandprinzip (Art. 16)
soll durch die „Dienstleistungsfrei-
heit“ ersetzt werden. Hiernach
können die Mitgliedstaaten grund-
sätzlich grenzüberschreitende
Dienstleistungserbringung ein-
schränken. Nationale Regelungen
dürfen die Aufnahme oder Aus-
übung einer Dienstleistungstätig-
keit jedoch nicht von Anforderun-
gen abhängig machen, die gegen
das Diskriminierungsverbot, den
Grundsatz der Erforderlichkeit und
Verhältnismäßigkeit verstoßen.
Exemplarisch werden einzelne
unzulässige nationale Maßnahmen
aufgeführt. Hierzu zählt u.a. das
Verbot, bei grenzüberschreitender
Dienstleistungserbringung eine
Niederlassung im Zielland oder die
Eintragung in ein nationales Re-
gister zu fordern.
Aus Gründen der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung, des
Umweltschutzes und der öffent-
lichen Gesundheit können die Mit-
gliedstaaten grenzüberschreitend
Dienstleistungen einschränken.
2. Kontrollzuständigkeit des
Ziellandes
Art. 35 sieht in seiner jetzigen Form
vor, dass die Kontrollzuständigkeit
bei grenzüberschreitender Dienst-
leistungserbringung bei dem Mit-
gliedstaat liegt, in dem die Dienst-
leistung erbracht wird. Dieser ist
für die Überwachung zuständig und
kann die notwendigen Maßnahmen
ergreifen.
3. Entsendung von Arbeit-
nehmern
Die im ursprünglichen Kommissi-
onsvorschlag vorgesehenen Artikel
24 (Entsendung von Arbeitneh-
mern) und Art. 25 (Entsendung von
Drittstaatsangehörigen) werden
gestrichen. Die Entsenderichtlinie
sowie die Richtlinie zur Anerken-
nung von Berufsqualifikationen
sollen als speziellere Richtlinien
Vorrang vor der Dienstleistungs-
richtlinie haben.
4. Fortgang des Gesetzgebungs-
verfahrens
Voraussichtlich im zweiten Halb-
jahr 2006 wird es formell zu ei-
nem gemeinsamen Standpunkt des
Europäischen Rates kommen, der
aller Voraussicht nach auf Akzep-
tanz des Europäischen Parlaments
stoßen wird. Folgt das Parlament
den Vorschlägen des Rates, könn-
te die Dienstleistungsrichtlinie noch
bis Ende 2006 endgültig beschlos-
sen werden. Da die Dienstleistungs-
richtlinie eine Umsetzungsfrist von
3 Jahren vorsieht (Art. 45), hät-
ten die Mitgliedstaaten dann bis
Ende 2009 Gelegenheit, die Dienst-
leistungsrichtlinie in nationales
Recht umzusetzen.
Alleinstehende Rentnerin-
nen als Kunden bevorzugt?
Vor ca. 3 Wochen wurde ich von
einem Mitarbeiter der Fa. Bilfin-
ger und Berger (Herr Schmidt)*
gebeten, bezüglich einer „Schim-
melsanierung“ mit ihm in Kontakt
zu treten.
Er erläuterte mir den Sachver-
halt: Seine Oma (84, allein lebende
Witwe) hat bei einem Haustürge-
schäft einen Vertrag über eine Sa-
nierung abgeschlossen und er
möchte diesen bitte einmal von
einer Fachfirma überprüft haben.
Nach Durchsicht des mir überlas-
senen Vertrages habe ich ihm drin-
gend von einer Ausführung abge-
raten und wir haben einen Besich-
tigungstermin vereinbart.
Dieser Termin wurde von Herrn
Schmidt kurzfristig abgesagt, weil
die Arbeiten schon ausgeführt
waren und die Oma den Gesamt-
betrag bereits in bar bezahlt hat-
te (9.300,–
€
für 24 m² Sanier-
putz).
Im Zuge der Arbeiten waren
weitere „Schäden“ sichtbar gewor-
den und die Oma hat der freund-
lichen Fa. 4 weitere Aufträge im
Gesamtwert von nochmals über
12.000,–
€
erteilt.
Zwei dieser Verträge konnte
Herr Schmidt noch fristgerecht kün-
digen, die anderen beiden waren
schon ausgeführt. Bei einem Be-
such der Firmenvertreter bezahlte
die alte Dame die entsprechenden
Rechnungen von nochmals über
7.000.–
€
ebenfalls.
Bei einem Ortstermin mit Herrn
Schmidt konnte ich sehen, dass die
ausgeführten Arbeiten (Kellerputz
durch Sanierputz ersetzen) augen-
scheinlich ordentlich ausgeführt
wurden, jedoch sicher nicht drin-
gend erforderlich waren.
Herr Schmidt hat sich inzwi-
schen über diese Firma erkundigt
und Einiges herausgefunden. Bei
dem Bestellformular fällt auf, dass
beim Auftraggeber auch der Fami-
lienstand und das Geburtsdatum
abgefragt werden.
Bei meinem Ortstermin war
zufällig ein junger Mann bei der
alten Dame, der angab ein Muse-
um eröffnen zu wollen und nach-
fragte, ob sie nicht im Keller oder
dem Dachboden Gegenstände hätte,
die er für sein Museum abkaufen
könnte. Des Weiteren wäre er auch
an Zahngold (6,–
€
/Gramm) inter-
essiert. Woher der wohl die Adresse
hat?
Stefan Hock
Adicon Bauwerkserhaltungs-
gesellschaft mbH, Rödermark
*Name von der Redaktion geändert
AURA-Bauelemente
Reisende Baufirma in die Schranken gewiesen
Die Firma AURA aus Nordrhein-Westfa-
len (Hafenweg 13–17, 59192 Bergkamen)
vertreibt Bauelemente. Mit den Regeln des
Verbraucherschutzes nahm sie es dabei nicht
so genau:
· Sie rief ungefragt Verbraucher auf deren
Privatanschluss an, um einen Beratungs-
termin zu vereinbaren,
· schloss Kaufverträge ab, ohne auf das den
Kunden zustehende Widerrufsrecht hin-
zuweisen und
· ließ sich von den Kunden eine schriftli-
che Bestätigung ausstellen, dass es sich
bei dem Vertrag
nicht
um ein Haustürge-
schäft handeln würde.
Diesen dreifachen Verstoß gegen den Ver-
braucherschutz wollten wir nicht akzeptie-
ren und haben eine „strafbewehrte Unter-
lassung“ gefordert. Doch einsichtig war die
Firma AURA nicht – erst mussten wir vor
Gericht ziehen.
Das Landgericht Dortmund (3 O 634/
02 v. 20.2.2004) hat nun die Baufirma in
die Schranken gewiesen und ihr das bean-
standete Verhalten gerichtlich verboten.
Erfreuliche Folge für alle Betroffenen, die
mit dieser Firma einen Vertrag abgeschlos-
sen haben, der zu teuer war oder schlecht
ausgeführt wurde: Sie können auch jetzt noch
wegen der fehlenden Widerrufsbelehrung vom
Vertrag zurücktreten und ihr Geld zurück
verlangen – nur der tatsächliche Wert der
Leistung muss dann bezahlt werden.
Nachzulesen unter
Leserbrief
Foto: www.photocase.com
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