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ARBEITS- UND SOZIALRECHT
Mindestlohn
Abgrenzung von Mindestlohn 1 und Mindestlohn 2 – Urteil des Arbeitsgerichts Magdeburg
– 2 Ca 393/04 – vom 18. August 2004 (rechtskräftig)
Für die Eingruppierung
der Arbeitnehmer ist ne-
ben der Ausbildung, den
Fertigkeiten und Kennt-
nissen die vom Arbeitneh-
mer auszuübende Tätig-
keit maßgebend, wobei er
bei der Ausübung mehre-
rer Tätigkeiten verschie-
dener Lohngruppen dann
in die höhere Lohngrup-
pe einzugruppieren ist,
wenn der Anteil der Tätig-
keiten in der höheren
Lohngruppe überwiegt.
Der Baugewerbe-Verband Sach-
sen-Anhalt hat am 18. August
2004 ein Urteil erstritten, in
dem es um die maßgeblichen
Kriterien für die Eingruppierung
eines Arbeitnehmers in die Min-
destlohngruppen 1 oder 2 ging.
Bereits mit Urteil vom 4. Juni
2004 – 11 Ca 829/04 (nicht
rechtskräftig) – hatte das Ar-
beitsgericht Magdeburg in ei-
ner weiteren Eingruppierungs-
streitigkeit unter Beteiligung
des Baugewerbe-Verbandes ent-
schieden, dass ein Arbeitneh-
mer, der mehrere Tätigkeiten
gleichzeitig ausführt, die in
verschiedenen Lohngruppen ge-
nannt sind, in die Lohngruppe
einzugruppieren ist, die seiner
überwiegenden Tätigkeit ent-
spricht. Allein ein Facharbeiter-
abschluss als Maurer rechtfer-
tige nicht die Eingruppierung
in die Lohngruppe 2. Zwar sei
die Ausbildung des Arbeitneh-
mers ein Kriterium, unverzicht-
bar sei aber das Abstellen auf
die konkret ausgeübte Tätigkeit.
Dem Rechtsstreit lag folgen-
der
Sachverhalt
zugrunde:
Die Parteien haben über die
zutreffende Eingruppierung des
Klägers gestritten. Der Kläger,
der eine abgeschlossene Berufs-
ausbildung als Baufacharbeiter
hatte, war bei der Beklagten
1994 als Maurer eingestellt
worden. Zum 1. September 2003
schlossen die Parteien einen Än-
derungsvertrag, wonach der Klä-
ger nur noch als Bauwerker der
Lohngruppe 1 beschäftigt wer-
den sollte. Die Parteien verein-
barten einen Stundenlohn von
9,30 Euro. Damit lag der Stun-
denlohn zwar oberhalb des Min-
destlohnes 1, aber unterhalb des
Mindestlohnes 2. Der Kläger
machte geltend, ihm stehe der
Mindestlohn 2 zu, da er neben
einfachen Hilfstätigkeiten zeit-
lich überwiegend fachwerkliche
Arbeiten ausgeführt habe.
Das Arbeitsgericht hat die
Klage abgewiesen.
Dem Urteil sind folgende
Leitsätze
zu entnehmen:
1. Führt der Tarifvertrag im
Anschluss an allgemeine Tä-
tigkeitsmerkmale der Lohn-
gruppe Beispieltätigkeiten
an, sind die allgemeinen
Merkmale dann erfüllt, wenn
der Arbeitnehmer eine Bei-
spieltätigkeit ausübt. Ist
dies nicht der Fall, bleibt
eine Erfüllung der allgemei-
nen Merkmale für eine hö-
here Eingruppierung jedoch
möglich.
2. Nach dem eindeutigen Ta-
rifwortlaut (§ 5 Nrn. 2.2 und
2.3 BRTV) ist für die Ein-
gruppierung neben der Aus-
bildung, den Fertigkeiten
und Kenntnissen die dem
Arbeitnehmer auszuübende
Tätigkeit maßgebend, wo-
bei er bei der Ausübung
mehrerer Tätigkeiten, die in
verschiedenen Lohngruppen
eingruppiert sind, in die hö-
here Lohngruppe einzugrup-
pieren ist, wenn der Anteil
der Tätigkeiten in der hö-
heren Gruppe überwiegt.
3. Nach der allgemeinen Dar-
legungs- und Beweislastver-
teilung in Eingruppierungs-
prozessen trägt der Kläger
die Darlegungs- und Beweis-
last für die behauptete hö-
here Eingruppierung. Ähn-
lich den Anforderungen im
Überstundenprozess hat der
Kläger im Einzelnen darzu-
legen, an welchen Tagen und
zu welchen Tageszeiten er
welche Tätigkeiten ausgeübt
hat. Wenn er arbeitsvertrag-
lich nur die Erbringung ein-
facher Hilfstätigkeiten schul-
det, hat der Arbeitnehmer
darzulegen und ggf. zu be-
weisen, dass die Ausübung
bzw. Übernahme von „qua-
lifizierten Tätigkeiten“ in der
höheren Lohngruppe be-
trieblich notwendig oder
vom Arbeitgeber gebilligt
oder geduldet worden ist.
Das Urteil hat folgende
prak-
tische Auswirkungen:
1. Maßgebende
Kriterien für die
Eingruppierung
Das Gericht stellt zunächst
klar, dass bei der Eingruppie-
rung eines Arbeitnehmers in die
jeweilige Lohngruppe neben der
Ausbildung, den Fertigkeiten
und Kenntnissen die vom Ar-
beitnehmer auszuübende Tätig-
keit maßgebend ist. Dabei legt
das Gericht eindeutig mehr Wert
auf die vom Arbeitnehmer im
jeweiligen Fall ausgeübte Tätig-
keit. Das heißt, dass ein Arbeit-
nehmer, der lediglich als Wer-
ker im Betrieb eingesetzt ist und
einfache Arbeiten ausführt, auch
dann nur Anspruch auf den Min-
destlohn 1 hat, wenn er eine
baugewerbliche Stufenausbil-
dung in der 2. Stufe abgeschlos-
sen hat.
Daneben hat das Gericht
entschieden, dass für den Fall,
dass ein Arbeitnehmer gleich-
zeitig mehrere Tätigkeiten ver-
schiedener Lohngruppen aus-
führt, nur dann in die höhere
Lohngruppe einzugruppieren ist,
wenn der Anteil der Tätigkei-
ten der höheren Lohngruppe
arbeitszeitlich überwiegt. Das
heißt, dass ein Arbeitnehmer,
der nur gelegentlich mit Auf-
gaben der Lohngruppe 2 be-
schäftigt wird, grundsätzlich in
die Lohngruppe 1 einzugruppie-
ren ist, wenn er arbeitszeitlich
überwiegend einfache Helfertä-
tigkeiten der Lohngruppe 1
ausführt.
2. Darlegungs- und
Beweislast
Des Weiteren ist das Gericht
auf die allgemeine Darlegungs-
und Beweislastverteilung bei der
Schützen & Erhalten · Dezember 2004 · Seite 22
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