Schützen & Erhalten - page 12

Fachbereiche
Bautenschutz
Gefährdungsanalyse erstellen
Beauftragt der Fachunternehmer seine Mit-
arbeiter mit Arbeiten in Gebäuden, die von
Hochwasserschäden betroffen sind, müssen die
gesetzlichen Forderungen an den Arbeitsschutz
erfüllt werden. DHBV Fachbereichsleiter Georg
Brückner, vom gleichnamigen Ingenieur- und
Sachverständigenbüro Brückner für Holz und Holz-
schutz, Schimmel, Feuchteschäden an Gebäuden
und Arbeitssicherheit, erläuterte auf unsere An-
frage hin, dass
„im Vorwege durch den Unterneh-
mer oder eine von ihm beauftragten Person im
Rahmen einer Gefährdungsanalyse mit geeigneten
Mitteln, zum Beispiel Laboranalysen oder Über-
nahme der Ergebnisse von schon durchgeführten
Untersuchungen Dritter, festgestellt werden muss,
ob besondere Gefährdungen für die Mitarbeiter be-
stehen.“
Eine solche Gefährdung kann in Zusam-
menhang mit Hochwasser zum Beispiel der Kon-
takt mit verunreinigtem Wasser sein, das durch
Fäkalien, ausgelaufene Gefahrstoffe und Ähnliches
belastet ist. Ist das Wasser abgezogen, können
nach wenigen Tagen auch erhöhte Belastungen
durch vermehrten Schimmelbewuchs bestehen.
Der Fachbereichsleiter des Sachverständigenwe-
sens im DHBV führte weiter aus, dass anhand
der festgestellten möglichen Gefährdungen vor
Beginn der Arbeiten die Bedingungen festzule-
gen sind, unter welchen die Mitarbeiter ohne
Gefährdung arbeiten können.
„Da in der Regel
bei Hochwasserschäden technische und organisa-
torische Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter
oft nicht ausreichen, beziehungsweise nicht mög-
lich sind, ist auf die richtige Auswahl und Art der
persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ein beson-
deres Augenmerk zu richten. Es sind zum Beispiel
wasserdichte Sicherheitsstiefel, Handschuhe und
Sicherheitsanzüge geeignet. Atemschutz, Augen-
und Kopfschutz darf nicht vernachlässigt werden.
Weiterhin muss die individuelle Verweildauer in
kontaminierten Bereichen möglicherweise verkürzt
werden. Eine solche zeitliche Begrenzung kann
sich auch durch den erforderlichen Atemschutz
ergeben.“
Sind im Vorwege die Gefährdungen
erfasst und die Schutzmaßnahmen (technisch,
organisatorisch, PSA) festgelegt worden, ist es
unbedingt erforderlich die Mitarbeiter im Vorfeld
der Arbeiten über die möglichen Gefährdungen
und dem richtigen Umgang
nachweislich
zu un-
terweisen. Die Einhaltung der Vorgaben durch
die Mitarbeiter ist zu Beginn und fortlaufend
während der Arbeiten zu
kontrollieren und erfor-
derlichenfalls zu korri-
gieren.
„Als geeignete
Akut-Maßnahme sollte
der Wohnbereich gegen
die hochverschmutzten
(Heizkeller-) Räume ab-
gedichtet und dauerge-
lüftet werden. Entsorgen
Sie Einrichtungsgegen-
stände, wie etwa Polster-
möbel, die mit Schlamm
und Öl verschmutzt sind
– es sei denn, sie lassen sich wegen glatter Ober-
flächen rückstandsfrei reinigen. Geschirr muss
vor dem erneuten Gebrauch gründlich mit Wasser
und Spülmittel gereinigt werden. Haben Sie den
Schmutz beseitigt, müssen Fußböden und Wände
mit reichlich sauberem Wasser gereinigt werden.
Erst dann sollte das Gebäude getrocknet werden.
Da aber bei Gehalten an flüchtigen organischen
Verbindungen in der Größenordnung von mehr als
2 mg/m³ Befindlichkeitsstörungen wie Kopfschmer-
zen, Unwohlsein, Konzentrationsschwäche etc. auf
Dauer nicht ausgeschlossen werden können, müs-
sen langfristig weitere Anstrengungen zur Absen-
kung der Innenraumkontamination durchgeführt
werden. Der Zielwert für aromatenarme Kohlen-
wasserstoffe (C9- bis C14-Alkane und Isoalkane)
in der Innenraumluft beträgt 0,2 mg/m³. In üb-
lichen deutschen Wohnungen liegen die Gehalte an
leichtflüchtigen organischen Verbindungen (auch
anderen als den hier angesprochenen) unter 1mg/
m³ (95. Perzentil). Aus Gründen des allgemeinen
Gesundheitsschutzes sollten in einem zeitlichen
Rahmen von ca. einem halben Jahr auch in den
durch Katastropheneinwirkung kontaminierten
Wohnhäusern ein Wert von 0,2mg/m³ wieder er-
reicht bzw. geeignete Sanierungspläne zum Errei-
chen dieses Wertes ausgearbeitet sein.“
(3)
Beurteilungskriterien für den Rück-
bau von kontaminierten Baustoffen
Unmittelbar nach der Hochwasserkatastro-
phe führten im Spätsommer die Ingenieurkammer
Sachsen in Begleitung der Architektenkammer
Sachsen und der Sächsischen Energieagentur
Fachberatungen von betroffenen Eigentümern
zur Behebung und Vermeidung von Hochwasser-
schäden durch. Vertreter der Sächsischen Auf-
baubank gaben zusätzlich Hinweise zu Förder-
maßnahmen. In den technischen Fachvorträgen
zur Beseitigung von Hochwasserschäden wurde
ebenfalls auf schadstoffbelastete Untergrün-
de aufmerksam gemacht. Die Ingenieurkammer
Sachsen forderte in diesen Betroffenenseminaren,
z.B. bei kontaminierten Bauteilen mit Minera-
lischen Kohlenwasserstoffen über 30–50mg/kg
Trockensubstanz, den Baustoff auszutauschen!
Ein Belassen im Untergrund sei
„nicht zu ver-
antworten“
und
„Immobilisierungsversuche („Ein-
kapseln“) aussichtslos!“
(4)
Instandsetzungstechniken gegen
Flutfolgen
Es gibt in der gängigen Praxis keine ver-
bindliche Richtlinie wie hochwassergeschädigte
Gebäude „richtig“ zu sanieren sind. Nachdem
das Hochwasser zurückgewichen ist, müssen
durchfeuchtete Putze vollständig abgeschlagen
werden, damit das dahinterliegende Mauerwerk
schneller austrocknet. Die Grundreinigung der
Bausubstanz sollte unmittelbar stattfinden. Die
Baustoffoberfläche ist vor dem Aufbringen von
Instandsetzungsmaterialien auf Tragfähigkeit zu
prüfen, denn die Haftung wird durch Schadstoff-
substanzen wie Fette, Wachse, Öle gemindert. In
Zusammenarbeit mit Mitgliedsunternehmen der
Deutschen Bauchemie und dem DHBV wurde ein
Fachprogramm „Sanierung – Hochwasserschäden
2013“ erstellt, das nacheinander in den Städ-
ten Passau, Magdeburg und Dresden, Planern,
Sachverständigen und Ausführenden präsentiert
wurde. Beteiligt waren ebenso die regionalen
IHKs bzw. HWKs, die die Räumlichkeiten für die
Bauchemie-Fachtage stellten. Einig waren sich
alle Baustoffhersteller darin, dass sich für den
Neuverputz vor allem hoch diffusionsoffene Pro-
dukte und Systeme eignen, die die weitere Aus-
trocknung des Mauerwerks begünstigen. Herstel-
lerabhängig wird eine Haftbrücke auf den trag-
fähig vorbereiteten Untergrund aufgebracht und
mit Sanierputz WTA der Verputz durchfeuchteter
Kellermauerwerke ausgeführt. Mindesttrocken-
schichtdicken sind analog des WTA-Merkblattes
2-9-04/„Sanierputzsysteme“ einzuhalten. Deck-
schichten können zum Abglätten feiner, geschlos-
sener und anstrichfähiger Oberflächen herstel-
lerabhängig aufgetragen werden.
Quellen:
(1) Schützen & Erhalten, Dezember 2013, Seite 20.
(2) Mitteilung der Ad-hoc-Arbeitsgruppe Innenraum-
richtwerte der Kommission Innenraumlufthygiene
und der Obersten Landesgesundheitsbehörden unter:
-
heit/kommissionen-arbeitsgruppen/kommission-in-
nenraumlufthygiene/empfehlungen-richtwerte-der-
kommission.
(3) E-Mail-Anfrage DHBV-Fachbereich Bautenschutz an
UBA, z.Hd. Herrn Dr. Wolfgang Heger, Fachgebiet
Toxikologie, Gesundheitsbezogene Umweltbeobach-
tung, Umweltbundesamt; Corrensplatz 1, D-14195
Berlin.
(4)
/
pdf/2013/Praesentation-Hochbau.pdf.
Es schreibt für Sie:
Rainer Spirgatis
Fachbereichsleiter
Bautenschutz
Plinderheide 2b, 48291 Telgte
Telefon: (05432) 830
Telefax: (05432) 836902
Mobil: (0160) 7163450
E-Mail:
Schützen & Erhalten · März 2014 · Seite 12
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