Schützen & Erhalten · März 2005 · Seite 23
BGH: Divergenzen zwi-
schen Produktempfeh-
lungen des Herstellers
und DIN-Normen
Leitsatz:
1.Bei Divergenzen zwischen
Produktempfehlungen des Her-
stellers und DIN-Normen muss
der Unternehmer beim Hersteller
rückfragen und ggfls. auf den
Einbau des Produktes verzich-
ten.
OLG Köln/BGH: Eigen-
mächtige Abweichung
von der Leistungsbe-
schreibung kann Fiasko
werden
Leitsatz:
Wenn der Auftraggeber die
Auskleidung eines Trinkwasser-
hochbehälters ausdrücklich mit
dem Material „Vandex“ ausge-
schrieben hat, der Unternehmer
aber, ohne den Auftraggeber zu
fragen, das Material „Sakret“
verwendet, kann der Auftragge-
ber die Leistung als auftraglos
gemäß § 2 nr. 8 VOB/B zurück-
weisen und deren Beseitigung
verlangen.
BGH: Gewährleistungs-
bürgschaft a.e.A. in
AGB: Keine ergänzende
Vertragsauslegung!
Leitsatz:
Eine Klausel in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eines
Bauvertrages, die vorsieht, dass
ein Sicherheitseinbehalt von 5
% der Bausumme nur durch eine
Bürgschaft auf erstes Anfordern
abgelöst werden kann, kann
nicht in der Weise aufrecht er-
halten werden, dass der Auftrag-
nehmer berechtigt ist, den Si-
cherheitseinbehalt durch eine
selbstschuldnerische, unbefriste-
te Bürgschaft abzulösen.
RECHTSBERATUNG
ARBEITS- UND SOZIALRECHT
Ein Unfall, der sich bei ei-
nem vom Arbeitgeber
durchgeführten Sammel-
transport von Arbeitneh-
mern mittels eines be-
triebseigenen Fahrzeugs
von der Wohnung zu einer
Baustelle oder zurück er-
eignet, ist als Arbeitsun-
fall anzusehen.
In dem vom Bundesarbeitsge-
richt entschiedenen Fall hatte
sich bei einem vom Arbeitge-
ber organisierten und durchge-
führten Sammeltransport auf der
Rückfahrt von der Baustelle ein
Unfall ereignet, bei dem einer
der Arbeitnehmer schwer ver-
letzt worden war. Das Gericht
hatte darüber zu befinden, ob
es sich bei dem Unfall um ei-
nen Arbeitsunfall oder um ei-
nen Wegeunfall gehandelt hat.
Bei Wegeunfällen ist der Arbeit-
geber in jedem Fall zum Ersatz
des Personenschadens verpflich-
tet, bei Arbeitsunfällen nur
dann, wenn er ihn vorsätzlich
herbeigeführt hat.
Dem Urteil sind folgende
Leitsätze
zu entnehmen:
1. In erweiternder Auslegung
des § 8 Abs. 1 SGB VII ist
ein Unfall, der sich bei ei-
nem vom Arbeitgeber durch-
geführten Sammeltransport
von Arbeitnehmern mittels
eines betriebseigenen Fahr-
zeugs von der Wohnung zu
einer Baustelle oder zurück
ereignet, als Arbeitsunfall
anzusehen.
2. Durch die Haftungsbeschrän-
kung zu Gunsten des Arbeit-
gebers bei Arbeitsunfällen
sollen das Risiko von sol-
chen Unfällen für den Ar-
beitgeber kalkulierbar und
Anlässe zu Konflikten im
Betrieb eingeschränkt wer-
den.
3. Die Haftungsbeschränkung
gilt dann nicht, wenn der
Arbeitgeber sowohl hinsicht-
lich der Verletzungshandlung
als auch des Verletzungser-
folgs vorsätzlich handelte,
das heißt, den Schaden sei-
nes Arbeitnehmers herbei-
führen wollte. Die bloße –
auch bewusste und gewollte
- Missachtung von Unfall-
verhütungsvorschriften, auf
die ein Arbeitsunfall zurück-
zuführen ist, führt dabei
nicht zum Wegfall der Haf-
tungsbeschränkung.
Das Urteil hat folgende
prak-
tische Auswirkungen:
Trotz des nicht ganz eindeu-
tigen Wortlautes des Gesetzes
hat das Bundesarbeitsgericht in
der vorliegenden Entscheidung
eindeutig klargestellt, dass der
Arbeitgeber dann nicht haftet,
wenn sich der Unfall des Arbeit-
nehmers in der betrieblichen
Sphäre ereignet, also in einem
Bereich, der seiner Organisati-
on unterliegt. Dazu gehört auch
der Betriebsweg. Das Zurückle-
gen eines Betriebsweges, der in
Ausübung der versicherten Tä-
tigkeit zurückgelegt wird und
Teil der versicherten Tätigkeit
ist, steht der Betriebsarbeit
gleich. Er wird in unmittelba-
rem Betriebsinteresse unternom-
men und geht nicht lediglich
der versicherten Tätigkeit vor-
aus.
Das Bundesarbeitsgericht
führt aus, dass mit einem vom
Arbeitgeber organisierten Sam-
meltransport ein betriebliches
Risiko verwirklicht werde, bei
dem Arbeitgeber und Kollegen
von der Haftung freigestellt
seien. Unerheblich sei, ob ein
solcher Transport von der Bau-
stelle zum Betriebsgelände oder
direkt zum Wohnsitz des Arbeit-
nehmers führe. Für die Annah-
me eines Arbeitsunfalls sprach
im vorliegenden Fall auch, dass
die Arbeitsvertragsparteien
durch die Vereinbarung der Ver-
gütung der Fahrzeit als Arbeits-
zeit deutlich zum Ausdruck
gebracht haben, dass die Teil-
nahme am organisierten Sam-
meltransport nicht als bloßer
Heimweg von der eigentlichen
Tätigkeit, sondern als deren
Bestandteil anzusehen war.
Durch den Haftungsaus-
schluss sollen betriebliche Kon-
fliktsituationen vermieden wer-
den. Nur dann, wenn der Ar-
beitgeber den Unfall und die
Verletzung des Arbeitnehmers
vorsätzlich herbeigeführt hat,
soll er dem geschädigten Arbeit-
nehmer gegenüber haften. Da-
von zu unterscheiden ist die
Haftung des Arbeitgebers bei
Wegeunfällen. Wegeunfall ist
jeder Unfall, der sich beim Zu-
rücklegen des mit der versicher-
ten Tätigkeit zusammenhängen-
den unmittelbaren Weges nach
und von dem Ort der Tätigkeit
ereignet. Hier ist die Haftung
des Arbeitgebers unbegrenzt.
Ein Haftungsausschluss besteht
nicht. Dem Verletzten sollen die
Ansprüche gegen Arbeitgeber
und Kollegen dann belassen
werden, wenn er außerhalb be-
trieblicher Gegebenheiten un-
ter solchen Umständen geschä-
digt wird, die ihn auch als nor-
malen Verkehrsteilnehmer
hätten treffen können.
Unfälle bei Sammeltransporten
sind Arbeitsunfälle
– Urteil des Bundesarbeitsgerichts – 8 AZR 349/03 –
vom 19. August 2004 –