Schützen & Erhalten - page 24

Schützen & Erhalten · Dezember 2002 · Seite 24
TARIFRECHT
Nachweisgesetz/Ausschlussfristen
1. Urteil des Bundesarbeitsgerichts – 4 AZR 56/01 – vom 23. Januar 2002
2. Urteil des Bundesarbeitsgerichts – 5 AZR 89/01 – vom 17. April 2002
Unterlässt es der Arbeit-
geber, den Arbeitnehmer
innerhalb des ersten
Beschäftigungsmonats
schriftlich auf die anzu-
wendenden Tarifverträge
hinzuweisen, kann er sich
dem Arbeitnehmer gegen-
über schadensersatz-
pflichtig machen.
Nachweisgesetz
Mit Urteil – 5 AZR 89/01 -
vom 17. April 2002 hat das
Bundesarbeitsgericht entschie-
den, welche Rechtsfolgen bei
Nichtbeachtung der Hinweis-
pflicht aus dem Nachweisgesetz
eintreten. Unterlässt der Arbeit-
geber den erforderlichen Hin-
weis, kann er sich zwar nach
wie vor auf eine im Tarifvertrag
enthaltene Ausschlussfrist be-
rufen. Er kann sich aber dem
Arbeitnehmer gegenüber scha-
densersatzpflichtig machen mit
der Folge, dass er ihn so zu stel-
len hat, wie er bei rechtzeiti-
gem Hinweis auf die anzuwen-
denden Tarifverträge gestanden
hätte.
Dem Urteil liegen
folgende
Leitsätze
zugrunde:
1. In Tarifverträgen geregelte
Ausschlussfristen sind we-
sentliche Vertragsbedingun-
gen im Sinne von § 2 Abs.
1 Satz 1 Nachweisgesetz. Es
ist unerheblich, ob der Ta-
rifvertrag aufgrund einer in-
dividuellen Bezugnahme
oder aufgrund einer Allge-
meinverbindlichkeitserklä-
rung Geltung hat.
2. Es bedarf keines gesonder-
ten Nachweises einer tarif-
lichen Ausschlussfrist, wenn
der Arbeitsvertrag einen in
allgemeiner Form gehalte-
nen Hinweis auf den Tarif-
vertrag enthält, in dem die
Ausschlussfrist geregelt ist.
§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 10
Nachweisgesetz gebietet es
nicht, tarifliche Bestimmun-
gen wiederholend nachzu-
weisen.
3. Die Anwendbarkeit einer ta-
riflichen Ausschlussfrist wird
nicht durch einen Verstoß
gegen die Pflicht zur Aus-
legung des Tarifvertrags
nach § 8 TVG ausgeschlos-
sen.
4. Dem Arbeitnehmer kann ab-
verlangt werden, sich im
eigenen Interesse über die
konkrete normative Ausge-
staltung seines Arbeitsver-
hältnisses kundig zu ma-
chen.
Das Urteil hat folgen-
de
praktische Aus-
wirkungen
für das
Baugewerbe:
Diese Rechtsprechung ist
unseres Erachtens auf die An-
wendbarkeit der tariflichen Aus-
schlussfristen im Baugewerbe
übertragbar. Das bedeutet, dass
ein allgemeiner Hinweis im Ar-
beitsvertrag oder im Einstel-
lungsbogen auf die Anwendung
der baugewerblichen Tarifverträ-
ge notwendig, aber auch aus-
reichend ist, um sich später auf
die tarifliche Ausschlussfrist
berufen zu können. Die Tarif-
vertragsparteien des Baugewer-
bes haben der jüngsten Recht-
sprechung des Bundesarbeits-
gerichts zur Anwendbarkeit von
tariflichen Ausschlussfristen bei
der Reform des Bundesrahmen-
tarifvertrages Rechnung getra-
gen. Um die aufgrund der Recht-
sprechung entstandene Rechts-
unsicherheit zu vermeiden, ist
in dem neu gefassten Einstel-
lungsbogen, der nach § 2 BRTV
zu verwenden ist, folgende Klau-
sel aufgenommen worden:
„Der Arbeitnehmer wurde
darauf hingewiesen, dass im
Baugewerbe für alle Ansprüche
aus dem Arbeitsverhältnis be-
sondere tarifliche Ausschlussfri-
sten gelten.“
Ausschlussfristen
Bezüglich Ausschlussfristen
hat das Bundesarbeitsgericht
entschieden:
1. Tarifvertragliche Regelungen
können auch aufgrund be-
trieblicher Übung auf das Ar-
beitsverhältnis Anwendung
finden. Von der Bezugnah-
me durch betriebliche Übung
sind nicht nur Tarifregelun-
gen erfasst, die den Arbeit-
nehmer begünstigen, son-
dern auch die den Arbeit-
nehmer
belastenden
Tarifbestimmungen, wie z.
B. Ausschlussfristen.
2. Ist eine Ausschlussfrist in
einem Tarifvertrag geregelt,
genügt der Arbeitgeber sei-
ner Nachweispflicht mit ei-
nem schriftlichen Hinweis
auf den Tarifvertrag. Eines
besonderen Hinweises auf
die Ausschlussfrist bedarf es
nicht. Nur wenn sich die
Ausschlussfrist allein aus
einer einzelvertraglichen
Vereinbarung ergibt, ist auf
sie ausdrücklich in der Nie-
derschrift hinzuweisen.
3. Kommt ein Arbeitgeber sei-
ner Verpflichtung aus § 2
Abs. 1 Nachweisgesetz zur
Aushändigung einer Nieder-
schrift mit den wesentlichen
Vertragsbedingungen nicht
nach, ist es ihm dennoch
nicht versagt, sich auf die
Ausschlussfristen eines auf
das Arbeitsverhältnis anzu-
wendenden Tarifvertrages zu
berufen.
4. Der Arbeitgeber hat dem Ar-
beitnehmer spätestens einen
Monat nach dem vereinbar-
ten Beginn des Arbeitsver-
hältnisses die Niederschrift
auszuhändigen.
5. Verletzt der Arbeitgeber sei-
ne Verpflichtungen aus dem
Nachweisgesetz, kann er
sich schadensersatzpflichtig
machen.
Das Urteil hat folgen-
de
praktische Aus-
wirkungen
:
Das Bundesarbeitsgericht
hat mit diesem Urteil seine
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