Schützen & Erhalten · Dezember 2001 · Seite 19
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
aufzunehmen, Ob der Beklag-
te zusätzlich zu einem Beweis-
sicherungsverfahren hätte raten
müssen, kann deshalb dahinge-
stellt bleiben.
b) Darüber hinaus haben
aber sowohl der im Vorprozess
tätige Gerichtsgutachter G. als
auch der vom Senat beauftragte
Sachverständige Dr. K. überein-
stimmend erklärt, die von dem
Beklagten in der Sache getrof-
fenen Feststellungen fehlten
nicht nur im Gutachten, sie
hätten darüber hinaus aber auch
nicht den Schluss gerechtfertigt,
dass die Bauarbeiten mit an
Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit für die Risse am
Haus der Klägerin kausal waren.
Der Sachverständige Dr. K. hat
dazu ausgeführt, ohne dass der
Beklagte dem mit Substanz
hätte entgegentreten können,
der Beurteilung des Beklagten
habe die notwendige, mit der
gebotenen wissenschaftlichen
Sorgfalt ermittelte Basis für sein
Urteil über die Kausalität ge-
fehlt. Herr Dr. K. hat insoweit
in Übereinstimmung mit dem
Sachverständigen G. bemängelt,
dass die örtliche Lage der Ris-
se, deren Dimension und das
Rissbild nicht in ausreichendem
Maße festgestellt worden sei-
en. Der Bogen im Flur sei ebenso
wenig beschrieben worden wie
der eingesetzte Pressluftham-
mer, dessen Gewicht und die
Schlagzahl je Minute. Der Sach-
verständige Dr. K. hat darüber
hinaus erklärt, im Hinblick auf
die großen Schwierigkeiten der
Kausalitätsfeststellung bei Er-
schütterungsrissen dokumentiert
an Versuchen mit Vorbeifahrten
an Häusern durch Panzer, bei
denen trotz subjektiv berech-
tigter massiver Beeinträchtigun-
gen der Bewohner keine Risse
aufgetreten sind – hätten un-
bedingt Schwingungsmessungen
vorgenommen werden müssen
und er, Dr. K. hätte niemals al-
lein auf Grund der Augen-
scheinseinnahme das Urteil
gewagt, eine Kausalität sei mit
an Sicherheit grenzender Wahr-
scheinlichkeit zu bejahen. Un-
ter diesen Umständen wer das
Gutachten des Beklagten in
zweifacher Hinsicht fehlerhaft,
nämlich zum einen hinsichtlich
der formalen Seite insofern, als
die Befundtatsachen – die durch
Zeitablauf verloren zu gehen
drohten – nicht dokumentiert
worden sind, zum anderen, weil
das Urteil „mit an Sicherheit
grenzender Wahrscheinlichkeit
kausal“ auf Grund einer bloßen
Ortsbesichtigung nicht hätte
getroffen werden dürfen.
3. Was die Höhe des Scha-
dens anbetrifft, so vermag der
Senat dem Landgericht nicht
darin beizutreten, die Kosten
des Berufungsverfahrens seien
der Klägerin unter Berücksich-
tigung des §254 BGB nicht zu-
zurechnen. Nachdem die Kläge-
rin den Vorprozess in erster
Instanz verloren hatte, und zwar
auf der Grundlage des für sie
positiven Privatgutachtens des
Beklagten sowie eines für sie
negativen Gerichtsgutachtens,
rechtfertigt eine Berufungsein-
legung nicht den Vorwurf des
Verschuldens, wenn die Kläge-
rin durch ein Obergutachten –
welches dann auch tatsächlich
eingeholt worden ist – geklärt
wissen wollte, welchem der
beiden Gutachten denn nun zu
folgen sei. Dies gilt umso mehr,
als der Beklagte die von der
Klägerin eingelegte Berufung im
Gegensatz zu dieser selbst
„durchgeführt“ [6] und vor al-
lem selbst begründet hat, und
zwar mit dem Argument, sein
Gutachten sei richtig und nicht
das des Gerichtsgutachters.
Wenn der Beklagte selbst von
der Notwendigkeit der Durch-
führung einer Berufung über-
zeugt war, kann man nicht, wie
das Landgericht, der Klägerin
vorwerfen, sie hätte aus bes-
serer Einsicht darauf verzichten
müssen, zumal sie dann mit dem
Vorwurf des Beklagten konfron-
tiert worden wäre, sie habe ver-
säumt, das aus der Sicht des
Beklagten unzutreffende – in
Wirklichkeit aber sachlich ge-
rechtfertigte – Urteil erster In-
stanz anzugreifen. Schließlich
ist darauf hinzuweisen, dass
nach gefestigter Rechtsprechung
[7) auch solche Schäden ersatz-
fähig sind, die der Betreffende
in der konkreten Situation bei
vernünftiger Beurteilung als
erforderlich ansehen durfte.
Wenn indes der Beklagte als
Sachverständiger die Durchfüh-
rung eines Berufungsverfahrens
für angemessen hielt, lässt sich
schwerlich gegenüber der Klä-
gerin der Vorwurf erheben, sie
hätte die Situation abweichend
einschätzen und auf das Rechts-
mittel verzichten müssen.
[1] Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., Rdnr.
12, zu §68 ZPO
[2] Vgl. dazu BGH, NJW 1997, 2386
[3] BGHZ 1985, 255; 103, 278; NJW 1998,
80; w.N. bei Baumbach/Lauterbach/Hart-
mann, ZPO, 58. Aufl., Rdnr. 6 zu §68.
[4] BGH, NJW 1995, 714
[5] BGHZ 127, 378, 384
[6) BGH, NJW 1997, 2386
[7] BGHZ 115, 370
Fundstelle: BauR 2000 S. 1898
Anmerkung:
Die Redaktion der IfS-Infor-
mationen merkt zu dem Arti-
kel an, dass die gesetzlichen
Vorschriften über die Rechte und
Folgen der Nebenintervention
und Streitverkündung in den §§
64 bis 74 ZPO teilweise sehr
kompliziert sind. Deshalb wird
empfohlen, dass sich der Sach-
verständige in solchen Fällen
grundsätzlich Rechtsrat bei ei-
nem Anwalt einholen sollte, um
dieses ”Prozess- und Rechts-
abenteuer” erfolgreich zu be-
stehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich hoffe, Sie alle können auf ein gutes und erfolgreiches
Jahr zurückblicken.
Im Fachbereich Sachverständige werden die Aktivitäten in
den Bereichen Zertifizierung und Schiedsgericht im kommenden
Jahr ganz verstärkt in Angriff genommen.
Im Rahmen der Zertifizierung sind erfreulich positive Kon-
takte zum Institut für Sachverständigenwesen e.V. (IfS) und
seinem Geschäftsführer Herrn Floter aufgebaut worden. Zusam-
men mit dem IfS werden wir schon bald in die Ausbildung
zur Zertifizierung starten. Dabei werden wir auch den Kon-
takt zu den Bestallungskammern für die ö.b.u.v. von Sach-
verständigen (HWKs und IHKs) suchen um gemeinsam die Zer-
tifizierung auf den Weg zu bringen.
Für die Installation aber vor allem für die erfolgreiche An-
nahme einer Schiedsgerichtsbarkeit des DHBV ist von entschei-
dender Bedeutung, wie wir dieses werbewirksam nach außen
präsentieren. Hierfür wird wohl noch viel Hirnschmalz von Nöten
sein. Gute Ideen hierzu sind jederzeit willkommen.
Lassen wir uns überraschen, welch neuen Stärken wir für
den DHBV aufbauen können.
Abschließend wünschen ich Ihnen und Ihren Familien
ein schönes Weihnachtsfest und ein mit Freude und
Zufriedenheit ausgefülltes sowie
erfolgreiches Jahr 2002.
Ihr