STEUERRECHT
Ertragssteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen
Nachdem der Gesetzgeber
1997 die Steuerbefreiung
für Sanierungsgewinne
nach § 3 Nr. 66 EstG auf-
gehoben hat, wird mit
BMF-Schreiben vom 27.
März 2003 IV A 6 – S2140
– 8/03 ein Billigkeitser-
lass von Steuern auf Sa-
nierungsgewinne einge-
führt.
Ein Sanierungsgewinn ist die
Erhöhung des Betriebsvermö-
gens, die dadurch entsteht, dass
Schulden zum Zweck der Sanie-
rung ganz oder teilweise erlas-
sen werden.
Voraussetzung für die An-
nahme eines im Sinne des BMF-
Schreibens begünstigten Sanie-
rungsgewinns
sind
die
Sanierungsbedürftigkeit und Sa-
nierungsfähigkeit des Unterneh-
mens, die Sanierungseignung
des Schulderlasses und die Sa-
nierungsabsicht des Gläubigers.
Auch für den in der Praxis
häufig vorkommenden Fall des
Forderungsverzichtes gegen
Besserungsschein geht das BMF
von begünstigten Sanierungs-
gewinnen aus.
Die Besteuerung von Sanie-
rungsgewinnen kostet die Un-
ternehmen Liquidität, die sie in
der Sanierungsphase dringend
anderweitig benötigen. Eine
Besteuerung steht daher den
Zielen der neu eingeführten
Insolvenzordnung diametral
gegenüber. Das BMF räumt jetzt
ein, dass die Erhebung der Steu-
er auf einen nach Ausschöpfen
der ertragssteuerlichen Verlust-
verrechnungsmöglichkeiten ver-
bleibenden Sanierungsgewinns
für den Steuerpflichtigen eine
erhebliche Härte darstellt. Die
entsprechende Steuer ist daher
auf Antrag des Steuerpflichti-
gen nach § 163 AO abweichend
festzusetzen und nach § 222 AO
mit dem Ziel des späteren Er-
lasses (§ 222 AO) zunächst
unter Widerrufsvorbehalt zu
stunden. Das BMF-Schreiben
steht auf den Internetseiten des
BMF unter der Rubrik Steuern
zum download bereit.
Zeitliche Begrenzung doppelter Haushaltsführung verfassungswidrig
Bei einem Wechsel des
Beschäftigungsortes auf-
grund einer Versetzung,
des Wechsels oder der
erstmaligen Begründung
eines Dienstverhältnisses
ist das Beziehen einer
Zweitwohnung beruflich
veranlasst.
Bei verheirateten Arbeitnehmern
kann jeder der Ehegatten eine
doppelte Haushaltsführung ha-
ben, wenn sie an verschiede-
nen Orten beschäftigt sind und
dort jeder zusätzlich zum ge-
meinsamen Hausstand eine
Zweitwohnung hat.
Wenn die Voraussetzungen
der doppelten Haushaltsführung
gegegben sind, können div.
Kosten als Werbungskosten ab-
gezogen werden:
Fahrtkosten, Verpflegung-
mehraufwendungen, Aufwed-
nungen für die Zweitwohung
und Umzugskosten.
Im Regelfall kann hier ei-
niges an Werbungskosten auf-
summiert werden und lohnt sich
die Mühe unter steuerlichen
Gesichtspunkten immer. So kön-
nen z.B. unter dem Punkt „Auf-
wendungen für die Zweitwoh-
nung“ die Mietkosten oder bei
einer eigenen Wohung auch die
Abschreibung, die Zinsen, die
Reparaturkosten und evtl. eine
Zweitwohnungssteuer geltend
gemacht werden. Auch die Ein-
richtung der eigenen Zweitwoh-
nung kann u.U. über Abschrei-
bungen geltend gemacht
werden.
Bislang war diese Regelung
auf maximal zwei Jahre be-
grenzt. Danach war kein Abzug
mehr möglich, auch wenn die
doppelte Haushaltsführung über
24 Monate hinaus fortgesetzt
wurde.
Die zeitliche Beschränkung
hat jetzt das Bundesverfassungs-
gericht (BVerfG) für verfassungs-
widrig erklärt. Die zum 1.1.1996
in Kraft getretene zeitliche Be-
grenzung der steuerlichen Ab-
zugsfähigkeit von Mehraufwen-
dungen für eine doppelte
Hauhaltsfühutng bei einer Be-
schäftigung am selben Ort sei
in den Fällen von fortlaufend
verlängerten Abordnungen und
beiderseits berufstätigen Ehe-
gatten verfassungswidrig. Dies
hat jetzt der Zweite Senat des
BVerfG mit Beschluß vom
4.12.2002 – 2 BvR 400/98 und
2 BvR 1735/00 – entschieden.
Zur Begründung verweist das
Gericht auf den grundgestzli-
chen Schutz der Familie. Auch
in Zeiten heutiger beruflicher
Flexibilät und Mobilität seien
Ehe und Familie grundrechtlich
geschützt und sei deshalb die
gesetzlich vorgesehene Begren-
zung der doppelten Haushalts-
führung auf max. zwei Jahre
verfassungswidrig.
Die Entscheidung des BVerfG
ist als sehr erfreulich anzuse-
hen, weil nur diese Instanz und
der Europäische Gerichtshof
(EuGH) scheinbar noch in der
Lage sind, den steuerlichen
Gesetzgeber in seine Schranken
zu verweisen. Dies geschieht
inzwischen aber immer öfter.
Wer von dem Urteil des BVerfG
betroffen ist, sollte deshalb
gegen alle noch offenen Steu-
erbescheide Einspruch einlegen.
Rainer Kuhsel
Steuerberaterbüro W. Jahn, Köln
Gewinnminderung durch Rückstellung für Aufbewahrungsverpflichtung
Für Unternehmen, die
auch in heutigen Zeiten
noch Gewinne erzielen
und nach Möglichkeiten
suchen, den Gewinn mit
zulässigen Mitteln zu re-
duzieren, dürfte das Urteil
des BFH vom 19.8.2002
(VII R 30/01) interessant
sein.
Der BFH hat dort entschieden,
dass für die zukünftigen Kosten
der Aufbewahrung von Ge-
schäftsunterlagen, zu denen das
Unternehmen gem. § 257 HGB
und § 147 AO verpflichtet ist,
im Jahresabschluss eine Rück-
stellung zu bilden ist. Gestrit-
ten wurde in dem Verfahren
zwischen dem Steuerpflichtigen
und dem Finanzamt über die
Bildung einer Rückstellung für
den künftigen Aufwand, der dem
Steuerpflichtigen (in diesem Fall
eine GmbH) aus der gesetzli-
chen Verpflichtung zur Aufbe-
wahrung von Unterlagen, ins-
besondere Handelsbüchern,
Handelsbriefen, Buchungsbele-
gen und Jahresabschlüssen gem.
§ 257 des Handeslgesetzbuches
entstehen. Das Finanzamt hatte
die Rückstellung nicht zugelas-
sen. Die Vorinstanz, das Finanz-
gericht München, hatte die Kla-
ge der GmbH abgewiesen. Das
oberste deutsche Finanzgericht,
der BFH , hat der GmbH Recht
gegeben. Die Verpflichtung zur
Aufbewahrung der Unterlagen
ergebe sich aus dem Gesetz.
Danach erstreckt sich die Auf-
bewahrungspflicht auf einen
Zeitraum von 6–10 Jahren. Die
Rückstellung sei deshalb in
Höhe des voraussichtlichen Er-
füllungsbetrages zu bilden. Weil
sich hier allerdings nicht genü-
gend Anhaltspunkte aus dem
beurteilten Sachverhalt ergeben,
hat der BFH die Sache zur wei-
teren Sachaufklärung an das
Finanzgericht München zurück-
verwiesen.
Aus dem Urteil ergeben sich
in jedem Fall Möglichkeiten,
Rückstellungen für Kosten der
Aufwahrungsverpflichtung zu
bilden. Jeder bilanzierende Ge-
werbetreibende kann jetzt kon-
kret überlegen, welche Unter-
lagen noch für wie lange
aufzubewahren sind. Die für die
Aufbewahrung anfallenden Ko-
sten sind dann zu schätzen. In
Höhe des Schätzbetrages ist
eine Rückstellung zu bilden, die
zum Ende eines jeden Wirt-
schaftsjahres anzupassen ist.
Rainer Kuhsel
Steuerberaterbüro W. Jahn, Köln
Schützen & Erhalten · Juni 2003 · Seite 20